
Sieben Kommunen, die Hochschule Merseburg und das Merseburger Innovations- und Technologiezentrum (MITZ) wollen den südlichen Saalekreis als Lebens-, Studien- und Arbeitsstandort stärker ins Licht rücken. Unter dem Namen „HoMe-Region“ wurde jetzt der Startschuss für einen umfassenden Markenbildungsprozess gegeben. Ziel: das Profil der Region schärfen – mit klarer Botschaft, neuer Sprache und vor allem mit echtem Inhalt.
Mehr als Standortmarketing
Merseburg, 28.05.2025 – Was auf den ersten Blick nach klassischer Wirtschaftsförderung klingt, ist in Wahrheit ein tiefgreifender Versuch, das Selbstverständnis einer Region gemeinsam neu zu fassen. „Es geht nicht um Tourismus“, sagt Merseburgs Oberbürgermeister Sebastian Müller-Bahr bei einem Pressetermin an der Hochschule Merseburg, „sondern darum, Menschen anzusprechen, die hier leben wollen. Dauerhaft.“
Schon im vergangenen Jahr hatten sich die Städte Merseburg, Bad Dürrenberg, Bad Lauchstädt, Schkopau, Leuna, Braunsbedra und Mücheln (Geiseltal) gemeinsam mit der Hochschule Merseburg und dem MITZ auf eine engere Zusammenarbeit verständigt. Eine Absichtserklärung wurde unterzeichnet – verbunden mit dem Ziel, gemeinsam mehr zu erreichen als jede Kommune für sich allein. Daraus ist der sogenannte „HoMe-Verbund“ entstanden.
Nun wurde die nächste Phase eingeläutet: Zwei Agenturen aus dem Leipziger Raum wurden beauftragt, gemeinsam mit den Partnern eine Markenstrategie zu entwickeln. Eine davon begleitet die interne Netzwerkbildung, die andere kümmert sich um den kreativen Teil – um Fragen wie: Was macht die HoMe-Region besonders? Warum lohnt es sich, hier zu bleiben oder herzukommen? Und wie vermittelt man das glaubhaft?
Ein starker Markenprozess braucht Mut zur Ehrlichkeit
„Wir wollten bewusst den externen Blick haben“, erklärt Müller-Bahr, „obwohl wir natürlich die Vorzüge der Region mit der Hochschule, dem Geiseltalsee, Leuna und Buna, aber auch die Nähe zu Halle und Leipzig sehen. Sonst läuft man Gefahr, die eigenen Scheuklappen der Innenperspektive weiterzugeben.“
Auch wirtschaftliche Themen spielen in der Markenbildung eine zentrale Rolle. Die Region hat nicht nur Raum für Erholung, sondern auch für Innovation. Genau das möchte die MITZ GmbH sichtbarer machen. Geschäftsführer Kevin Löber beschreibt die eigene Rolle so: „Als Wirtschaftsfördergesellschaft für die HoMe-Region bringen wir Wirtschaft, Menschen mit Ideen und Kommunen zusammen – um gemeinsam Herausforderungen anzugehen und Ziele zu verwirklichen.“ Löber sieht im Markenbildungsprozess nicht nur ein Kommunikationsprojekt, sondern einen langfristigen Identitätsanker: „Unsere Region hat unglaublich viel zu bieten – an Innovationskraft, an engagierten Unternehmerinnen und Unternehmern und nicht zuletzt an Lebensqualität. Damit das sichtbarer wird, braucht es eine starke gemeinsame Identität.“
Bildung, Bindung, Bleiben: Die Hochschule im Zentrum
Die Hochschule Merseburg spielt in diesem Prozess eine Schlüsselrolle. Sie bildet nicht nur akademischen Nachwuchs aus, sondern ist zugleich Kristallisationspunkt für Entwicklung, Forschung und internationale Sichtbarkeit. Rektor Prof. Dr. Markus Krabbes betont: „Die Hochschule Merseburg schafft durch praxisnahe Lehre, zukunftsweisende Studiengänge, angewandte Forschung und enge Verbindungen zur regionalen Wirtschaft echte Perspektiven.“
Doch gute Studienangebote allein reichen nicht, so Krabbes: „Damit junge Menschen nach dem Studium in der Region bleiben und berufserfahrene Fachkräfte hier eine neue Heimat finden, braucht es mehr als gute Ausbildung und zukunftssichere Arbeitsplätze – es braucht ein starkes Umfeld, das Chancen und Perspektiven bietet und Lebensqualität schafft.“
Was Menschen wirklich hier hält: Geschichten aus der Region
Wie so ein Umfeld aussehen kann, zeigen zwei Beispiele, die beim Pressetermin vorgestellt wurden. Da ist zum einen Familie Herrmann aus Stöbnitz. Zehn Jahre lebten sie in Nordrhein-Westfalen, bevor sie sich entschieden, zurückzukehren. Heute wohnen sie wieder dort, wo Korinna Herrmann aufgewachsen ist. Der Traum vom Haus, Nähe zur Familie, gute Kinderbetreuung und ein Arbeitsplatz in Reichweite – das waren für sie entscheidende Gründe. Das Ankommen, sagen sie, sei ihnen leicht gemacht worden. Die Dorfgemeinschaft habe sie offen empfangen.
Ein ganz anderer Weg führte Lukas Klegin nach Merseburg. Er stammt aus Schleswig-Holstein und kam wegen des Studiengangs „Green Engineering“ an die Hochschule. Was kann ihn hier halten? Die Natur, die Menschen, die Seen – und die Entdeckung, dass ein Ort abseits der Ballungszentren genau die Mischung bieten kann, die er sucht. „Ich fahre viel Fahrrad hier“, sagt er. Ein einfacher Satz – aber einer, der genau das trifft, worum es vielen geht: Bewegungsfreiheit, Ruhe, Nähe.
Noch kein Logo – aber ein gemeinsames Ziel
Die neue Marke soll nicht in Konkurrenz zu bestehenden Strukturen wie dem Tourismusverband Saale-Unstrut treten. Vielmehr geht es um eine Identität für Menschen, die bleiben – oder zurückkehren. Eine, die nicht glänzen muss, sondern überzeugen darf. Nicht laut, aber klar.
Der Start ist gemacht, die Gespräche laufen. 90.000 Euro stehen als Anschubfinanzierung über das Programm „Sachsen-Anhalt REGIO“ bereit. Was daraus entsteht, ist noch offen. Aber der gemeinsame Wille ist deutlich: Die Region will sich zeigen – wie sie ist. Und wie sie sein kann.
Foto: Christian Franke (Hochschule Merseburg)