Merseburger Stadtrat streicht Hitler, Hindenburg und Jordan aus Ehrenbürgerliste – Debatte sorgt für Kontroverse

Streichung von NS-Ehrenbürgern in Merseburg: Der Stadtrat hat nach kontroverser Debatte einstimmig beschlossen, Hitler, Hindenburg und Jordan von der Ehrenbürgerliste zu streichen. Was als symbolischer Akt gedacht war, sorgte für klare Worte zwischen AfD und SPD/Grünen.


Merseburg, 25.05.2025 Der Merseburger Stadtrat hat am Donnerstag beschlossen, drei Namen aus der Liste seiner Ehrenbürger zu streichen: Adolf Hitler, Paul von Hindenburg und Rudolf Jordan. Die Entscheidung fiel einstimmig – doch die Debatte im Vorfeld war intensiv und kontrovers.

Ausgangspunkt war ein Antrag der AfD-Fraktion, die sich auf eine Sitzung des sogenannten „vorläufigen Ausschusses“ vom Mai 1945 bezog. Dieses Gremium, eingesetzt von den amerikanischen Besatzungstruppen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, hatte bereits die Ehrenbürgerschaften Hitlers und Jordans für ungültig erklärt. Die AfD wollte diese Streichung nun vom aktuellen Stadtrat symbolisch bestätigen lassen.

Gegenantrag von SPD und Grünen mit deutlicher Kritik

Andere Fraktionen, insbesondere SPD und Grüne, gingen darüber hinaus. In einem eigenen Antrag stellten sie klar, dass die Ehrenbürgerschaften von 1933 unter dem Druck des NS-Regimes entstanden seien – nach der Gleichschaltung der Parlamente und dem Ausschluss der kommunistischen Mandatsträger. Solche Entscheidungen seien von Anfang an weder demokratisch noch legitim gewesen.

Die Diskussion im Rat verlief engagiert. Es ging um mehr als nur einen Verwaltungsakt – die Streichung von NS-Ehrenbürgern in Merseburg wurde auch als Beitrag zur Erinnerungskultur verstanden. Dabei wurden Unterschiede zwischen symbolischer Geste und aktiver Gedenkarbeit thematisiert.

Besonders deutlich äußerte sich SPD-Stadtrat Andree Weber, der der AfD mangelnde historische Sorgfalt und Verharmlosung vorwarf:

„Man kann ja solche Anträge stellen, aber wenn sie dieses hochsensible Thema Hitlers totalitären Führerstaat berühren, sollten sie historisch zu 100 % korrekt sein.“

Er betonte, dass die Ehrenbürgerschaften ab 1933 unter massivem Druck und systematischem Terror erfolgt seien – und dass die Legitimität des von den Amerikanern eingesetzten Ausschusses außer Frage stehe:

„Dieses alliierte Kriegsrecht ist bundesdeutsches Recht. Den Amerikanern vorzuwerfen, sie hätten undemokratisch gehandelt, ist historisch totaler Blödsinn.“

Weber stellte klar, dass der Stadtrat befugt sei, Beschlüsse zu fassen, um unerwünschte Ehrenbürger aus bestehenden Listen zu streichen – auch wenn die Ehrenbürgerschaft mit dem Tod rechtlich erloschen sei.

Einigkeit am Ende: Kompromiss statt Konfrontation

Ein Kompromiss wurde letztlich gefunden: Der Stadtrat entschied sich für einen gemeinsamen, verkürzten Antrag, in dem die Namen Hitler, Hindenburg und Jordan aus der Ehrenbürgerliste gestrichen werden – ohne zusätzliche Bewertungen oder Vorwürfe zwischen den Fraktionen.

Mit der Streichung sendet der Stadtrat ein sichtbares Signal gegen Geschichtsvergessenheit – und für einen bewussten Umgang mit der Vergangenheit.

Foto: Symbolbild/Fotomontage
(Streichung von NS-Ehrenbürgern in Merseburg)

Enrico Sempert

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